Kölner Dom: Baugeschichte, Kriegsschäden, Kunstschätze

Kölner Dom: Baugeschichte, Kriegsschäden, Kunstschätze
Kölner Dom: Baugeschichte, Kriegsschäden, Kunstschätze
 
Die Keimzelle des heutigen Kölner Doms war ein römischer Tempel, der hart an der Stadtmauer der damals römischen Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium stand. Im Zuge der Christianisierung des Römischen Reiches wurde auf dem Gelände des Tempels eine frühchristliche Kirche errichtet, die ziemlich genau unter der Vierung des jetzigen Domes lag. Der Platz in dem Kirchlein wurde bald zu eng für die Gläubigen, sodass sie abgebrochen und eine neue, wesentlich größere Anlage errichtet wurde: der alte Dom. Er wurde am 27. 9. 870 eingeweiht. 1164 brachte Rainald von Dassel die Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln und ordnete den Umbau des alten Domes an, der zwei weitere Türme erhielt. 1247 beschloss das Domkapitel dann den Bau eines neuen Domes, Vorbild war die ab 1220 erbaute Kathedrale von Amiens. 1248 wurde der Grundstein des heutigen Kölner Domes gelegt. 1322 war der Chor fertig, doch danach gingen die Bauarbeiten immer langsamer vonstatten, bis sie im Jahre 1560 endgültig eingestellt wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 90 % der vorhergesehenen Fläche in den unteren Teilen fertig gebaut. Der halb fertige Dom wurde provisorisch überdacht und blieb fast 300 Jahre in diesem Zustand. Erst die Rückbesinnung auf die Gotik im Zeitalter der Romantik erweckte die Dombauhütte zu neuem Leben. Von 1842 bis 1880 wurde der Dom nach den alten Plänen (soweit diese vorhanden waren) fertig gebaut. Die Kosten trugen der Kölner Dombauverein und der preußische Staat, dessen kunstsinniger König Friedrich Wilhelm IV. sich persönlich für den Dombau einsetzte. Im Zweiten Weltkrieg kam der Dom mit glimpflichen Schäden davon. 1996 wurde er von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
 
 Die Vorgängerbauten
 
Köln wurde im Jahre 38 v. Chr. als Hauptstadt der von den Römern umgesiedelten Ubier als Oppidum Ubiorum gegründet. Die Ubierstadt wurde 50 n. Chr. erweitert und zur römischen Kolonie Colonia Claudia Ara Agippinensium erhoben, die ihren Namen im Laufe der Zeit zu Colonia Agrippinensis und schließlich zu Colonia veränderte. Im 2. Jahrhundert wurde Köln zur Hauptstadt Niedergermaniens und entwickelte sich zu einem Kunst- und Handelszentrum. Ausgrabungen seit dem Jahre 1946 zeigten, dass in römischer Zeit auf dem Gelände des späteren Kölner Doms am Rande der nördlichen Stadtmauer ein Podiumstempel stand. Bereits im dritten Jahrhundert gab es christliche Gemeinden in Köln und ab dem vierten Jahrhundert einen Bischof (der heilige Maternus, erste Erwähnung im Jahre 313). Zu dieser Zeit stand an der Stelle des Tempels ein Kirchengebäude nach römischem Vorbild, eine kleine dreischiffige Basilika. Im fünften Jahrhundert ging die Herrschaft in Niedergermanien von den Römern auf ihre Föderaten, die Franken, über. Um 500 wurde in die Kirche eine kleine, der Gottesmutter Maria geweihte, Kapelle eingebaut, in der um 550 zwei Mitglieder der königlichen Familie des Frankenkönigs Theudebert I. beigesetzt wurden, höchstwahrscheinlich seine zweite Gattin Wisigarde, die Tochter des Langobardenkönigs Wacho, und ein namentlich nicht bekannter Prinz. Die Kapelle wurde wenig später abgerissen, um den Innenraum der Kirche zu vergrößern. Um das Jahr 795 wurde diese Kirche abgerissen und der Bau einer neuen Kirche begonnen, höchstwahrscheinlich im Auftrage des ersten Kölner Erzbischofs Hildebold. Im Jahre 870, am 27. September, weihte Erzbischof Willibert den im karolingischen Stil erbauten »alten Dom« ein. Er besaß vier Türme und ein Atrium mit Brunnen im Westen. Erzbischof Rainald von Dassel brachte 1164 die Gebeine der Heiligen Drei Könige (goldener Reliquienschrein, 1181—1230) von Mailand nach Köln und ordnete einen Umbau des 296 Jahre alten Doms an. Das Dach wurde erneuert und die Zahl der Türme, die alle Rippenkuppeln trugen, auf sechs erhöht. Im Jahre 1247 beschloss das Domkapitel einen Neubau in Form einer fünfschiffigen kreuzförmigen Basilika nach dem Muster der französischen Kathedralen im (später so genannten) gotischen Stil. Am 30. April 1248 brach bei den Abbrucharbeiten des Ostchores des alten Domes, die Platz für den Chor des neuen Domes schaffen sollten, ein Feuer aus, das den ganzen alten Dom vernichtete.
 
 Der Beginn des Baus des Kölner Doms
 
Der Grundstein zum Bau des jetzigen Kölner Domes (St. Peter und Maria) wurde am 15. August 1248 von Erzbischof Konrad von Hochstaden gelegt. Parallel zum Bau des Chores des neuen Domes wurde die Westhälfte des alten Domes provisorisch wieder hergestellt, um weiterhin als Bischofskirche zu dienen. Der Architekt des neuen Domes war höchstwahrscheinlich Meister Gerhard, einer der Architekten, die die spätromanischen Kirchen Kölns erbauten. Er legte als Vorbild seiner Planungen die modernsten Bauwerke seiner Zeit, die Kathedrale von Amiens und die Sainte-Chapelle in Paris, zugrunde. Sein Grundriss des Domes hat die Gestalt eines lateinischen Kreuzes. Im Mittelpunkt steht die Vierung, von der aus nach allen Windrichtungen 45 m hohe Mittelschiffe ausgehen: eines zum Chor hin, zwei zu den beiden Seiten des Querhauses und eines zum Langhaus hin. Das Querschiff besitzt drei Schiffe, Chor und Langhaus jeweils fünf Schiffe. Die Rundung des Chors ist siebeneckig ausgebildet. Als Erstes wurde der Chor des Domes fertig gestellt. Auf Meister Gerhard folgte Meister Arnold und auf ihn sein Sohn Meister Johannes nach, der nach 1308 den Bau des Chores vollendete. Er fertigte auch den großen Fassadenplan an, der 1360 als Vorlage für den Südturm diente und einige Jahrhunderte später zwischen 1863 und 1880 den Bau der Westfassade bestimmte. 1320 verlegte das Domkapitel den Stiftsgottesdienst vom alten Westteil des Domes in den neuen gotischen Chor. Dieser wurde aber erst am 27. September (wie der alte Dom auch) 1322, am Tag des Festes der Heiligen Cosmas und Damian, eingeweiht. Eigentlich wurde der Hochaltar des Domes eingeweiht, der aus einer einzigen riesigen schwarzen Marmorplatte (4,52 x 2,12 x 0,25 m) besteht (nur im Magdeburger Dom gibt eine größere). Dieser Stein ist auch gleichzeitig der schwerste im ganzen Dom mit seinen 6,7 t Gewicht. Ansonsten dienten in dieser Bauperiode hauptsächlich Basalt und Trachyt vom Drachenfels als Baumaterial. Für die Außenansicht des Kölner Doms ist seither typisch, dass der eigentliche Baukörper hinter den Strebepfeilern verschwindet, die den Schub der 45 m hohen Gewölbe aufnehmen.
 
 Die weiteren Baufortschritte
 
Im Jahre 1322 bestand der Kölner Dom aus einem modernen Chor im Osten und aus einem sehr altmodischen karolingischen, mehrfach umgebauten und restaurierten Westbau. Der Umbau ging ohne Pause weiter. Meister Johannes zeichnete einen sehr präzisen und detaillierten Plan der Westfassade auf Pergament, nach dem der Südturm ab 1360 und sehr viel später die gesamte Westfassade von 1863 bis 1880 gebaut wurden. Man begann mit dem Bau des südlichen Seitenschiffes und des Langhauses. Um 1360 machte man sich an den Bau des südlichen Turms der Westfassade mithilfe eines riesigen drehbaren Kranes, der stetig nach oben wanderte. 1388 standen schon zwei Geschosse. Die Seitenschiffe bekamen vorerst keine Gewölbe, sondern nur provisorische Dächer. Teile des Querschiffes standen 1388. Am 6. Januar 1389 wurde hier die neu gegründete Kölnische Universität mit einem Gottesdienst eröffnet. Der Bau ging nun aber immer langsamer vonstatten. Der Bau des Südturms wurde um 1410 bei einer Höhe von 56 m eingestellt und blieb mit seinem oben auf dem Turmstumpf stehenden riesigen Baukran das Wahrzeichen Kölns bis ins 19. Jahrhundert. 1437 bekam der Turm ein Geläute. Das Langhaus wurde nur bis zur Höhe der Gewölbefänger in den Seitenschiffen erbaut und blieb dann liegen. 1560 wurde die Bautätigkeit an dem nun äußerst altmodisch wirkenden Gebäude vollständig eingestellt und alle unfertigen Räume mit provisorischen Decken geschützt. Immerhin hatte man bis dahin 90 % der vorgesehenen Fläche überbaut. 1748—1751 wurden die einfachen hölzernen Decken durch hölzerne Gewölbe ersetzt.
 
 Nach der Baupause
 
Erst nach den Napoleonischen Kriegen im Zeitalter der Romantik besann man sich wieder auf den unvollendeten Kölner Dom. Der in den vorangegangenen Epochen als barbarisch und künstlerisch nicht wertvoll klassifizierte gotische Stil kam nun zu neuen Ehren. In vollkommener Verkennung der Sachlage wurde die Gotik zum »deutschen Stil« schlechthin verklärt, obwohl sie ihren Ursprung eindeutig in Frankreich hatte. Im Zuge der romantischen Rückbesinnung auf das früher so geschmähte Mittelalter kam der Gedanke auf, den Dom in historisierender Form fertig zu bauen. 1814 besuchte der preußische Kronprinz Friedrich Wilhelm (der spätere König Friedrich Wilhelm IV.) den Kölner Dom und äußerte spontan den Wunsch, dass er ihn zu Ende bauen wolle. Im gleichen Jahr fand Georg Moller den einen Teil des Originalbauplans der Westfassade (von Meister Johannes) auf dem Dachstuhl eines Darmstädter Gasthauses und zwei Jahre später den anderen in Paris. 1816/17 und von 1824 bis 1840 wurden die Bauschäden am Torso des Domes restauriert. 1840 bestieg Friedrich Wilhelm IV., der der kunstsinnigste unter allen preußischen Königen war und der sich besonders für das Mittelalter begeisterte, den preußischen Thron. Sogleich versprach er jährlich 50 000 Taler (umgerechnet etwa 18 Millionen DM) zum Weiterbau des Domes bereitzustellen, wenn die Stadt Köln ihrerseits die gleiche Summe aufbrächte. Zu diesem Zwecke gründete sich in Köln 1841 ein Dombauverein (»Zentral-Dombau-Verein«), dem weitere Vereine in ganz Deutschland folgten. 1842 legte dann Friedrich Wilhelm IV. den Weiterbau-Grundstein. Die Bauarbeiten gingen zügig voran. 1855 war das südliche Querschiff vollendet, 1861 das gesamte Querschiff, 1863 das Langschiff und der gesamte Innenraum des Domes. Am 15. Oktober 1880 wurde der letzte Stein in die Spitze des Südturmes eingemauert. Nach 632 Jahren Bauzeit war der Kölner Dom endlich vollendet.
 
 Der Dom in Zahlen und Figuren
 
Nach seiner Fertigstellung war der Kölner Dom mit seinem 157,38 m hohen Nordturm (Höhe Südturm 157,31 m) das höchste Bauwerk der Welt und seine Westfassade die größte jemals gebaute Kirchenfassade (übrigens ohne die kanonische zentrierte Fensterrosette der meisten gotischen Kathedralen). Insgesamt wurden ca. 160 000 t Gestein verbaut, bis 1560 hauptsächlich Drachenfels-Trachyt, später dann Stenzelsberger Trachyt, Sandstein und Basaltlava. Die Außenskulpturen sind aus Kalkstein gefertigt. Der Dom ist außen 144,58 m lang und an der Westfassade 61,54 m breit. Sein Langhaus ist innen 119 m lang, 45,19 m breit und im Mittelschiff 43,35 m hoch und bietet Platz für ca. 20 000 Personen. Die gesamte Fensterfläche beträgt ca. 10 000 m² und die Dachfläche 12 000 m². Pro Jahr fallen derzeit etwa 10 Millionen DM an Instandhaltungskosten (Witterungsschäden) an.
 
 Die Schäden des Zweiten Weltkrieges
 
Der Dom wurde im Verlauf des Zweiten Weltkrieges zweimal schwer getroffen. Am 29. Juni 1943 traf eine Bombe die Spitze des nördlichen Querhauses, dessen Giebel daraufhin einstürzte und dessen vier Gewölbe einbrachen und die Domorgel unter sich begruben. Diese Schäden wurden bis 1956 behoben. Eine weitere Bombe traf am 3. November 1943 den nördlichen Strebepfeiler der Westfassade. Das Sandsteinmauerwerk wurde dabei in einer Höhe von 10 bis 20 m herausgesprengt. Diese Lücke ließ die Dombauverwaltung sofort mit 27 500 Ziegelsteinen zumauern. Erst im Jahre 1989 begannen hier die Restaurierungsarbeiten, die längst noch nicht abgeschlossen sind. Weiterhin wurden viele Glasfenster im Laufe des Krieges zerstört. Bei der Neugestaltung der zerstörten Figurengruppen kamen auch neuzeitliche Elemente zum Zuge, wie die Skulptur der Königin von Saba in einem modischen Kleid der 50er-Jahre oder zwei in Stein gehauene Fußballspieler aus den 70er-Jahren.
 
 Kunstschätze im Inneren des Doms
 
Die größte gotische Kirche Deutschlands besitzt auch das größte mittelalterliche Chorgestühl mit 104 Sitzen, das um das Jahr 1320 herum entstand. Der Schrein der Heiligen Drei Könige wurde von 1181 bis 1230 erbaut, der Plan stammt von Nikolaus von Verdun. Er ist in Form einer dreischiffigen Basilika als Holz gezimmert und mit Gold, Silber und Kupfer überzogen. Sein figürlicher Schmuck zeigt Szenen aus dem Alten und dem Neuen Testament. In der Kreuzkapelle befindet sich das von Erzbischof Gero um 970 gestiftete Gerokreuz, eines der ältesten und bedeutendsten Werke der europäischen Monumentalplastik. In der Sakramentskapelle steht die Mailänder Madonna, eine hölzerne Statue von ca. 1320, die sicherlich einen Höhepunkt der gotischen Plastik darstellt. Der Altar der Stadtpatrone von Stephan Lochner (um 1440) befindet sich in der Marienkapelle. Die um 1640 gewebten und 1688 dem Dom gestifteten acht Gobelins gehen auf einen Entwurf von Peter Paul Rubens zurück und stellen den Triumph der Eucharistie dar. Diese Rubens-Teppiche werden nur an Pfingsten und an Weihnachten im Langhaus aufgehängt. Die Schatzkammer des Domes gehört trotz großer Verluste zur Zeit der Säkularisation zu den reichsten Schatzkammern Europas. Viele prächtig illustrierte Handschriften des Mittelalters liegen hier neben Reliquien (wie beispielsweise der Petrusstab, ein antiker Holzstab wohl des 4. Jahrhunderts mit Elfenbeinknauf, vergoldete Silberfassung des 10.—16. Jahrhunderts) und deutschen, französischen und byzantinischen Goldschmiedearbeiten und anderen Dingen, wie beispielsweise einem Jurisdiktionsschwert (um 1450). Vor allem im Ostchor sind viele wertvolle Glasfenster des Domes erhalten. Darüber hinaus birgt der Dom noch unzählige weitere kunstgeschichtliche Kostbarkeiten, deren Beschreibung Bücher füllt.
 
 
Die UNESCO nahm den Kölner Dom im Jahre 1996 als »Meisterwerk gotischer Architektur« in die Liste des Weltkulturerbes auf.
 
 
Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Nordrhein-Westfalen 1: Rheinland, bearbeitet von Ruth Schmitz-Ehmke. Neuausgabe München 1977.
 Wolf Schneider: Der Kölner Dom. Wie die Deutschen zu ihrem Weltwunder kamen. Hamburg 1991.
 Dieter Breuers: Fenster, Pfeiler und Gewölbe. Die Geschichte des Kölner Doms. Bergisch Gladbach 1998.
 Ralf Günther: Die Geheimnisse des Kölner Doms. Köln 1998.
 Ute Kaltwasser: Der Kölner Dom wie ihn keiner kennt. Neuausgabe Köln 1998.
 
Menschen, Engel, Ungeheuer. Ausstattungsdetails des Kölner Doms, Beiträge von Reinhard Matz u. a. Heidelberg 1998.
 Paul Mikat: 750 Jahre Gotischer Dom zu Köln. Zeiten des Domes. Düsseldorf 1999.

Universal-Lexikon. 2012.

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